Deswegen schmecken sie so gut – „Limburger Mosaik“ werden aus mehreren Teigsträngen und „mit Liebe“ geformt

Drei „Etagen“ mit je drei nebeneinanderliegenden
kleinen Streifen sind gar nicht so leicht gleichmäßig zusammenzufügen.

Die Adventszeit ist beim echten Bäcker natürlich jene Phase im Jahr, in der die köstlichen Stollenkreationen – allen voran der „Limburger Schokostollen“ – zum Schlemmen verführen. Doch gerade in jüngerer Vergangenheit haben die Weihnachtsplätzchen wie „Heidesand“, „Schoko-Zwerge“ oder „Zimt-Diamanten“ besonders viele Freunde gewonnen. Und „Limburger Mosaik“ können die fleißigen Bäcker in der Backstube am Schlag kaum so viele backen, wie die Menschen im Nassauer Land sie wegnaschen.

Limburger Mosaik“? Wer  der Bedeutung des Begriffs auf den Grund geht, entdeckt zunächst eine Menge Beispiele, die gar nichts mit einem leckeren Mürbeteig zu tun haben, den Martin Wingenbach für die Plätzchen braucht. Er ist nicht nur Bäcker-, sondern auch Konditormeister und versteht sich darum nicht allein auf hoch aromatische, knackige Brote wie das „Junggesellenbrot“ oder „Pierre das Baguette“. Sondern ebenso aufs süße Fach und diezarten Weihnachtsplätzchen, für die er im Fall der „Limburger Mosaik“ allerdings mit ganz schön filigraner Handarbeit „basteln“ muss.

Familienzentrum

Im Landkreis Limburg-Weilburg, vor allen Dingen in der Kreishauptstadt an der Lahn, begegnen einem eine Menge Mosaiken. So ist in der aus sechs Einrichtungen bestehenden Arbeitsgemeinschaft der Familienzentren, mit denen das Bistum Limburg kooperiert, neben „St. Hildergard“ oder „St. Ursula“ auch eines zu finden (in Waldbrunn-Hintermeilingen), das den Namen „Mosaik“ trägt. Ein besonders prächtiges Glas-Mosaik findet sich in der Kapelle im Heppel-Stift Limburg, die an einen romanischen Sakralbau mit byzantinischer Prägung erinnert. In der 1972 bis 1973 erbauten neuen Friedhofskapelle wurde, um ein weiteres Mosaik-Beispiel zu nennen, 1979 ein rundes aus der ehemaligen Offheimer Kapelle eingelassen, das als erhaltenswertes Einzeldenkmal gilt.

 

Deswegen schmecken sie so gut „Limburger Mosaik“ werden aus mehreren Teigsträngen und „mit Liebe“ geformt
Los ging es eigentlich mit nur zwei Hälften Teig, einmal mit, einmal ohne Kakao – heraus kommen vier Variationen.

Laut Duden bezeichnet „Mosaik“ ganz generell ein aus kleinen bunten Steinen, Glasstücken oder Ähnlichem zusammengesetztes Bild oder Ornament. So kommt man wieder zu den Keksen, den „Limburger Mosaik“: Die werden nämlich tatsächlich zusammengesetzt – und zwar aus „zwei“ Teigen. „Naja, so ganz richtig ist das nicht“, erläutert Martin Wingenbach. „Denn im Grunde bestehen die hellen und dunklen Teile der Weihnachtsplätzchen aus dem gleichen Mürbeteige. Für den dunklen“, ergänzt der Bäcker, „kommt lediglich zusätzlich Kakao als natürlicher‚ Farbstoff‘ hinzu.“ Zunächst werden also Weizenmehl, Zucker, Butter, Ei, Salz, Vanille und etwas Zitrone verknetet. Die eine Teighälfte bleibt so, in die andere gibt der Backstubenleiter das Kakaopulver, was den Teig schön tief schokoladenbraun macht. Die beiden Teigklumpen walzt Wingenbach mit der Ausrollmaschine zunächst flach und glatt und fegt das Mehl, das er darüber gestäubt hatte, damit der Teig beim Ausrollen nicht festklebt, mit einem Besen wieder ab.

„Damit das Eiweiß, mit dem wir die Schichten gleich ‚zusammenkleben‘ wollen, gut hält“, erklärt der Fachmann. Als nächstes braucht es wieder einmal eine „Zutat“, die beim echten Bäcker aufgrund der handwerklichen Arbeitsweise in der Backstube am Schlag in Limburg häufig eingesetzt wird: Zeit. Denn Martin Wingenbach trägt die beiden Teigplatten erst einmal in die Kühlung. „Die werden ein bisschen kaltgestellt, damit die Butter etwas anzieht, so lässt sich der Teig besser verarbeiten.“

Nach einer Weile nimmt er die Teigplatten wieder aus der Kühlung heraus. Und nun beginnt eine langwierige „Bastelei“. Mit einem Lineal und einem kleinen Messer macht der Bäckermeister aus dem hellen Teig-Teil ohne und dem dunklen Teig-Teil mit Kakaozugabe mehrere gleichgroße Rechtecke (1). Anschließend streicht er sie mit Eiweiß ein, „damit die Schichten zusammenhalten“. Behutsam legt der Backstubenleiter dann eine braune auf eine weiße Platte und gibt Acht, dass die Kanten nicht überstehen. Daraufhin ein zweites helles Rechteck obendrauf und alles gut andrücken.

Lineal

Deswegen schmecken sie so gut „Limburger Mosaik“ werden aus mehreren Teigsträngen und „mit Liebe“ geformt
Letzter Schritt vorm Backen: Von den eingeschlagenen Strängen werden die einzelnen Plätzchen abgeschnitten.
Fotos: Schmalenbach

Abermals nimmt Martin Wingenbach sein Lineal zur Hand: Er misst gleichbreite Streifen aus und schneidet sie der Länge nach ab. Diese Stränge schlägt er in ein anderes ausgerolltes Teigstück ein, was eine kniffelige Angelegenheit zu sein scheint (2). Den Vorgang wiederholt der Handwerker mit dem nächsten Teigstrang, nur das der „Einschlagteig“ außen herum jetzt dunkel ist. Als nächstes wird es echt unübersichtlich: Noch mehre lange Teigstränge drittelt Martin Wingenbach der Länge nach, „klebt“ einen braunen zwischen zwei weiße. Darauf setzt er drei weitere schmale Streifen (3), jetzt in der Reihenfolge braun-weiß-braun. Zum Schluss eine dritte „Etage“, die noch einmal weißbraunweiß ist und ebenso wie die anderen mit Eiweiß als Kleber befestigt wird: So ergibt sich ein Schachbrettmuster aus dreimal drei Feldern (4).

„Das ist eigentlich fast eine Tagesaufgabe für einen Kollegen allein“, lacht Martin Wingenbach, als er die mit den unterschiedlichen Mustern zusammengesetzten Stränge ihrerseits für eine Weile in die Kühlung trägt. „Die sollen gut durchkühlen, so lassen sie sich gleich besser schneiden und zum Backen aufs Blech setzen.“ Endlich ist es soweit: Nach dem ganzen Ausschneiden und Kühlen und Zerteilen der Stränge werden jetzt dicke Scheiben davon abgestochen (5) – es entstehen quadratische Weihnachtsplätzchen, die anschließend nur noch für zehn, elf Minuten in den Ofen müssen.

Liebe

Am Ende dieser Backzeit zieht Martin Wingenbach das Blech wieder heraus. Der heiße Wasserdampf aus dem Ofen-Innern steigt ihm ins Gesicht. „Was bei der Zutatenliste, die ich dir eben aufgezählt habe, noch fehlte“, zwinkert der Backstubenleiter daraufhin, „ist eigentlich die wichtigste: Wir machen das alles mit Liebe!“ Deswegen schmeckten die Kekse so gut, sagt Wingenbach und steckt, als bedürfe es noch eines Beweises, selbst direkt einen noch ziemlich heißen genussvoll in den Mund.

Nun ja: Dass der tolle Geschmack der „Limburger Mosaik“ vom Muster kommt, erschien ja auch eher unwahrscheinlich, selbst wenn für die vier verschiedenen Varianten so viel gemessen und ausgeschnitten werden musste…

Text und Bilder: Uwe Schmalenbach