„Blütenbrot“ und „Sylter Weißbrot“: Beide „Neue“ haben ihr Geheimnis

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Unser Blütenbrot

Kornblumen-, Pfingstrosen-, Hibiskus-, Sonnenblumen- und Ringelblumenblüten lassen es herrlich farbenfroh werden. Brennnesselblätter und Anis verströmen dezent ihren Duft und geben dem neuen „Blütenbrot“ des echten Bäckers noch eine leichte zusätzliche Geschmacksnote mit. Doch drei ganz wesentliche Zutaten in der Krume sind nicht so leicht auszumachen wie die bunte Blumen-Kräuter-Mischung auf der Kruste…
Auch das zweite neue Brot der Bäckerei Huth – das „Sylter Weißbrot“ – trägt ein „Geheimnis“ in sich…

„Das ist eine Aufarbeitungsmethode, die vom Toastbrot kommt“, sagt Martin Wingenbach, während er immer wieder zwei Stränge aus dem Teig für das „Sylter Weißbrot“ mit beiden Händen greift und mit einer sonderbaren Bewegung gegeneinander verdreht. „Getwistet“, nenne man diese Teigformung, fügt der Bäckermeister an. Doch der Reihe nach…
Weizenmehl, Salz, Hefe, Wasser und etwas Zuckerrübensirup für die Farbe und den Geschmack: „Das war es schon“, betont Ole Pense, nachdem er die Zutaten für das „Sylter Weißbrot“ abgewogen und in einen großen Kessel gefüllt hat, in dem sie geknetet werden. Alle Zutaten haben Bio-Qualität, das neue sei ein reines Bio-Produkt, unterstreicht Pense.
Danach mischt der Backstubenleiter den Teig für das „Blütenbrot“: Es ist ein Weizen- sauerteig-Brot, für das der Bäckermeister außer dem Vorteig Weizen- sowie Roggenmehl benötigt, ferner Hefe, Rapsöl und Roggenmalz. Abschließend fügt Ole Pense noch ein „Quellstück“ hinzu: Leinsaat, Sojaschrot und Sonnenblumenkerne hat der Bäcker mit warmem Wasser übergossen und stundenlang verquellen lassen (daher auch der Name). Das bewirke zweierlei: „Zum einen quillt vor allem die Leinsaat auf und kann dann später besser verstoffwechselt werden, als wenn sie in ihrer ‚harten‘ Ausgangsform im Brot enthalten sein würde.“ Zum anderen bringe das von den Saaten aufgenommene Wasser eine erheblich bessere Frischhaltung für das „Blütenbrot“.
Nachdem die zwei Teige die richtige Zeitspanne lang geknetet worden sind und geruht haben, können sie aufgearbeitet werden. Den fürs „Blütenbrot“ formen Christine Miosga und Dana Hermann in echt beeindruckender Geschwindigkeit zu Kugeln, die sie auf „Abzieher“ legen, das sind mit Tuch bespannte Metallgestelle, von denen die rohen Laibe später leichter direkt auf die heiße Herdplatte des Backofens befördert werden können.

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Das „Twisten“

Mit dem fertigen Teig fürs „Sylter Weißbrot“ befasst sich derweil Martin Wingenbach – mittels „Twisten“: Die Aufarbeitungsweise sorge dafür, so der Backstubenleiter, dass das Brot „mehr Druck nach außen in der Kastenform hat, in der wir es backen. Dadurch bekommt es eine ordentliche Kruste.“ Dieser Kniff sei notwendig, da das neue Weißbrot des echten Bäckers „ein zart gebackenes Brot“ sei.

Roggenanteil
Auch wenn sie in Form, Farbe, Geschmack völlig unterschiedliche Produkte sind, so folgt der nächste Schritt doch bei beiden neuen Broten: Im Gärraum sollen sie bei kontrollierter Temperatur und Luftfeuchte reifen. Ganz gleich, lächelt Bäckermeister Wingenbach, ist die Behandlung der Backwerke dann jedoch auch dabei wiederum nicht: Das „Sylter Weißbrot“ steht etwa eineinhalb bis zwei Stunden „auf Gare“, wie er das nennt. „In diesem Brot ist sehr wenig Hefe drin. Daher dauert es eine längere Zeit, bis sich der Geschmack im Gärraum entwickelt hat, den wir später haben möchten“, erläutert Wingenbach. Das rohe „Blütenbrot“ hingegen dürfe nur etwa eine Stunde gehen: Aufgrund des Roggenanteils im Teig (das Mischbrot besteht zu 60 Prozent aus Weizen- und 40 Prozent aus Roggenmehl) würde bei einer längeren Gare die Enzymatik im Teig nachteilig verändert – mit dem unschönen Ergebnis, dass das „Blütenbrot“ beim Backen „breitlaufen“ würde, also seine wunderbare, von Dana Hermann und Christine Miosga mühsam ausgebildete Form verlieren würde. „Brote mit Roggenanteil sollte man deshalb nie länger im Gärschrank lassen“, mahnt Martin Wingenbach als gölte es, einem Bäckerlehrling etwas Wichtiges mit auf seinen Berufsweg zu geben.
Wenn das kürzer gegangene „Blütenbrot“ danach aus dem Ofen kommt, duftet es zwar herrlich, hat eine satte Farbe in der Kruste – aber nach Blütenbrot sieht es noch überhaupt nicht aus: Die bunten Blätter fehlen! „Die wären beim Backen verbrannt, wenn wir sie bereits auf das Brot gestreut hätten“, schüttelt Martin Wingenbach den Kopf.

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Sylter Weißbrot

Weizenstärke
Doch jetzt, nachdem die Laibe aus dem Ofen genommen wurden und etwas abgekühlt sind, bekommt das Brot seine auffällige Besonderheit. Wingenbach hat zunächst „Stärkewasser“ zubereitet: dafür hat er Weizenstärke in heißem Wasser gelöst. „Das ist wie ein Pudding ohne Geschmack“, erklärt der Bäckermeister. Mit dem Stärkewasser bestreicht er die noch warmen, runden Laibe und wälzt sie in einer Wanne mit der Mischung der Blüten und Blätter – die daraufhin wunderbar auf der Kruste haften bleiben!
Beim „Sylter Weißbrot“ steht ebenfalls der letzte Arbeitsschritt an, während es draußen schon dämmert: das behutsame Herausstürzen aus den heißen Kastenformen, in denen die „zarten“ Brote gebacken worden sind. Und tatsächlich: Trotz ihres feinen Charakters haben die „Sylter Weißbrote“ alle eine gleichmäßige, bis in die Ecken der Formen reichende, schöne Kruste bekommen – das „Twisten“ hat funktioniert!