Fürs Finanzamt

Steuersystem zwingt zu höherer Abgabe bei Verzehr im Café

Das deutsche Mehrwertsteuersystem ist ein seit etlichen Jahren immer wieder diskutiertes Kuriosum. Und führt jeden Tag zu grotesken Situationen in den Bäckereifachgeschäften des echten Bäckers: Wünscht ein Kunde sich einen fairgehandelten Milchkaffee „to go“, so muss die Bäckerei Huth dafür sieben Prozent Umsatzsteuer aufschlagen und an den deutschen Finanzminister abführen. Sobald der Kunde Platz nimmt (wozu er herzlich gerne eingeladen ist) und sein aromatisches Getränk im Sitzen genießt, muss die Bäckerei Huth dafür 19 Prozent des Verkaufspreises als Besteuerung zahlen!

Egal, ob Tortenstücke, Tee oder Snackkreationen: Werden sie im Café oder auch auf einer der Terrassen, die es an zahlreichen Fachgeschäften der Bäckerei Huth gibt, verzehrt, sind stets 19 Prozent fällig. Um den in solchen Fällen erhöhten Mehrwertsteuersatz auszugleichen, finden sich in den Theken des echten Bäckers auf den Preisschildern zwei Angaben: der Verkaufspreis sowie ein etwas höherer Wert für den Genuss im Café.

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Zwei Preise für einen Snackartikel: das deutsche Steuerrecht
will es so.

Differenz

„Manche Kunden denken fälschlicherweise, wir würden uns ‚mehr in die Tasche stecken‘“, sagt Dominique Huth besorgt. „Das allerdings ist nicht so: Die Differenz geht selbstverständlich ebenfalls komplett ans Finanzministerium.“ Was dabei frappierend ist: Trotz des Ausgleichs der erhöhten Mehrwertsteuer beim Verkaufspreis ist der Betrag, der vor Steuern und vor Abzug der Kosten von der Herstellung bis zur Ladenmiete bei vor Ort verzehrten Köstlichkeiten übrigbleibt, sogar geringer als bei den gleichen Produkten, wenn sie mitgenommen werden! Ein „Panini Snack“ beispielsweise kostet 2,99 Euro, im Café 3,29 Euro. Zieht man davon die 19 Prozent Mehrwertsteuer ab, lautet das Ergebnis 2,76 Euro – drei Cent weniger als wenn vom Außer- Haus-Preis sieben Prozent-Mehrwertsteuer abgezogen werden (was 2,79 macht). Nicht anders beim „Crazy Chicken“. Hier bleiben beim Schlemmen im Café sogar sechs Cent weniger als beim Außerhausverzehr (3,02 Euro gegenüber 3,08 Euro) in der Kasse des echten Bäckers

Aufwand

Und was bei dieser simplen Rechnung noch gar nicht berücksichtigt ist: Bei der Tasse Kaffee im Café muss außerdem die Tasse gespült werden, der Raum soll gepflegt und der Tisch möglichst frisch abgewischt sein, was für die Mitarbeiter des echten Bäckers natürlich ein wenig mehr Aufwand darstellt. „Den wir sehr, sehr gerne betreiben!“, wirft Dominique Huth energisch ein. „Wir freuen uns über jeden lieben Menschen, der die selbe Leidenschaft für gute Backwaren aus unserer Meisterbackstube teilt und sich bei uns wohlfühlt. Nur die Annahme, dass der Ausgleich für die höhere Mehrwertsteuer bei uns bleiben würde, der stimmt halt nicht.“

Quelle: Zeit für Brot