Im „Kräuterwind“-Seminar gibt es Sauerteig-Tipps vom Brotsommelier

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Huth ist geprüfter Brotsommelier und teilt sein Wissen in der Akademie-Sparte des Regionalnetzwerkes „Kräuterwind“ mit Freunden des Genusses.

Der Mischbrot-Teig, den Backstubenleiter Martin Wingenbach heute aus dem großen silbernen Kessel in der Bäckerei Huth holt und der je zur Hälfte aus Roggen- und Weizenmehl besteht, ist absichtlich etwas fester als üblich. „Damit auch Laien damit arbeiten können“, verrät der Bäckermeister. Denn in der Backstube wollen sich heute 13 Teilnehmer in einem Halbtagesseminar, unterstützt von Wingenbach und Dominique Huth, mit Sauerteig, Laugengebäck und Hefeteig befassen. Huth ist geprüfter Brotsommelier und teilt sein Wissen in der Akademie-Sparte des Regionalnetzwerkes „Kräuterwind“ mit Freunden des Genusses.

„Brot gelingt mir nicht so. Das habe ich schon probiert, ja, aber ich habe da Verbesserungsbedarf – deswegen bin ich heute dabei“, schildert Nicole Röppel. Mit ihrer Mutter Christa ist sie zum Kräuterwind-Akademie-Seminar gekommen. Beide sind auch bei den Landfrauen Rhein-Lahn aktiv. Lebensmittel selbst zu verarbeiten – beim Kochen wie beim Backen –, sei in dem Verband ein wichtiges Thema, berichtet Nicole Röppel.

Ihr Elternhaus ist gerade dabei, den kleinen landwirtschaftlichen Betrieb in Burgschwalbach auf „bio“ umzustellen. „Mein Vater wird jetzt Bio-Landwirt im Ruhestand“, lacht die Tochter. „Wenn er in den Ruhestand geht, meint er eine neue Herausforderung zu brauchen“, erzählt Mutter Christa Röppel mehr über die Hintergründe. „Wir haben während der Umstellungsphase von konventionell auf bio jetzt zwo Jahre lang Rotklee angebaut. Der muss ruhen und darf nicht als Marktfrucht verkauft werden. Am ersten Dezember ist die Ruhezeit vorüber – was wir ab zweiten säen, fällt unter die Bio-Regelung. Und dann müssen wir schauen: Wir sind ein kleiner Betrieb, nur zehn Hektar groß, alles mit Liebe und Handarbeit. Aber wir müssen die Erzeugnisse auch vermarktet bekommen.“ Zunächst solle Hafer angebaut werden. Zwar liebäugeln Röppels ebenso mit Weizen, „aber Weizen ist am zwoten Dezember etwas spät, von daher wird es auf Hafer hinauslaufen“, so Christa Röppel. „Hafer boomt ja – ich lese das immer öfter. Vielleicht auch wegen des Trends rund um Hafermilch und so“, fügt die Tochter an.

Schatzkammer
Die Brotgetreide, überhaupt die Rohstoffe im bei der Bäckerei Huth „Schatzkammer“ genannten Lager, sind ein großes Thema beim Seminar, während Martin Wingenbach den besagten Mischbrotteig ruhen lässt: Woher kommt das Mehl? Sind Rohstoffe ohne Vormischungen überhaupt noch erhältlich? Wie ist die regionale Vernetzung? Die Teilnehmer der Veranstaltung sind überaus wissbegierig und interessieren sich besonders für die Unterschiede zwischen dem Limburger Handwerksbetrieb von Dominique Huth und der Lebensmittelindustrie.

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Zusammen Backen und Lernen.

Der Brotsommelier bittet die Gruppe anschließend, je 750 Gramm des fertigen und heute nicht so weichen Teiges abzustechen und zu Broten „rundzuwirken“, die nach dem Backen noch 630 Gramm wiegen werden. Ganz leicht ist es nicht, die Laibe gleichmäßig rund und mit einer geschlossenen, glatten Oberfläche hinzubekommen. Natürlich sind die Profis Huth und Wingenbach darin unschlagbar gut.
Dominik Pötz schafft das mit dem „Rundwirken“ jedoch schon ziemlich gut. Dabei: „Nee, habe ich noch nicht“, antwortet er auf die Frage, ob er das vielleicht zu Hause schon einmal so geübt habe. Es sei gar nicht so schwer, den Broten die gewünschte Form zu geben, „man muss nur drehen“.

Pötz ist beruflich im Vertrieb einer großen Softwarefirma tätig. „Daheim backe und koche ich sehr gerne – das ist ein toller Ausgleich zu meiner normalen Arbeit. Das macht Spaß!“ Dass man in der Backstube der Bäckerei Huth selbst „mit beiden Händen im Teig steckt“, gefällt dem Teilnehmer. Er denke, dass der Prozess in Großbäckereien automatisiert sei und man dort die eigentliche Handarbeit gar nicht mehr so erleben könne. „Es ist interessant, wie das hier alles funktioniert – das kannte ich so auch noch nicht“, erläutert Pötz und legt ein weiteres Brot auf ein Blech.

Routine
Stefan Kreis, ein anderer der 13 Teilnehmer, hat eine gewisse Routine mit zum Seminar gebracht: Er backt zu Hause das Brot für seine beiden erwachsenen Söhne, seine Frau und sich grundsätzlich selbst! „Die Jungs essen auch ein Brot am Tag“, zwinkert er.

Vor fünf Jahren fing Kreis mit dem Backen an. „Es begann eigentlich mit einem Zufall. Ich war an Silvester bei meinem Bruder, und morgens kam seine Nachbarin und brachte einen frischen Hefezopf mit. Den habe ich probiert und gedacht: ‚Der schmeckt wie in meiner Kindheit!‘ Damals kannte ich Huth noch nicht, und nirgends in der Region konnte man so einen Hefezopf kaufen. Da habe ich die Nachbarin meines Bruders nach dem Rezept gefragt und zu Hause angefangen, es selbst zu probieren.“

Stefan Kreis‘ Bruder, der in der Palliativmedizin arbeitet, bekam außerdem von einer Patientin einen Brotbackofen geschenkt – einen „Ferrari unter den Backöfen“, wie Kreis schmunzelt. Das sei dem Bruder nicht klar gewesen, als er ihn darauf hinwies. Den Zufall nahm der Hobbybäcker jedenfalls zum Anlass, zum Ofenhersteller zu fahren, der ebenfalls Seminare anbietet. Er kaufte sich seinerseits einen solchen Ofen, „dann kam die Teigmaschine, und mittlerweile ist im umgebauten Vorratsraum eine eigene Backstube entstanden“, lacht Kreis.
Schon vor zwei Jahren hatte sich Thomas Kreis zum Seminar mit Dominique Huth angemeldet, als das neue Angebot im damaligen „Erlebnisjahr“ von Kräuterwind vorgestellt wurde. Doch wegen „Corona“ findet das Event, das eines von über 120 aus dem jährlich neu aufgelegten Kräuterwind-Veranstaltungskalender ist, mit so viel Verspätung statt, dass Kreis in der Zwischenzeit durch sein Hobby natürlich schon selbst sehr viel Wissen rund ums Backen erworben hat. „Aber ich habe gesagt, nun bin ich angemeldet, dann mache ich es auch mit. Und man bekommt immer neue Impulse!“
Die Voraussetzungen, die die Teilnehmer mitbringen, sind sehr unterschiedlich. Während mancher noch nie mit eigenem Sauerteig gearbeitet hat, machen insgesamt vier das regelmäßig. Entsprechend begeistert wird die Möglichkeit genutzt, bei Dominique Huth und Martin Wingenbach nachzufragen: Wie warm ist das Wasser, das für den Hefeteig in den Kessel läuft, der nun ansteht? Wie funktioniert die Lockerung im Brot durch den Sauerteig überhaupt? Wieso ist umso mehr Milchsäure drin, je wärmer und weicher der Teig wird?

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Die Brote der Seminar- Teilnehmer müssen nun rasch in den Ofen.

Natürlich ist genauso Gelegenheit für eine gemeinsame Kaffeepause in der Backstube – wer hätte bei der Beschäftigung mit solchen Köstlichkeiten keinen Appetit! Martin Wingenbach lässt den Butter-Hefe-Teig derweil im Kneter laufen. Als später die Akademie-Teilnehmer leckere Streuselkuchen daraus machen, muss das zwischendurch jedoch unterbrochen werden: Die Brote aus dem heute festeren Roggen-Weizen-Teig haben die richtige „Gare“ und müssen in den heißen Etagenbackofen eingeschossen werden! Bei welcher Temperatur (36 Grad) und Luftfeuchte (90 Prozent) die Laibe zuvor im Gärschrank reifen durften, ist wieder so ein Kniff, den die Brotbegeisterten dankbar mitnehmen von dem Kräuterwind-Nachmittag mit dem Brotsommelier.

Geschenk
Thomas Weier war schon mehrmals auf der Kräuterwind-Gartenroute unterwegs, hat bei den „Schau-mich-an-Gartentagen“ zusammen mit seiner Frau die „grünen Reiche“ der Teilnehmer bewundert. Aus Niederbrechen ist das Paar bereits öfter zu Kräuterwind-Veranstaltungen in den benachbarten Westerwald gefahren. Und da die Weiers das Regionalprojekt somit gut kennen, habe seine Frau ihm die Teilnahme an dem Akademie-Seminar zum Geburtstag geschenkt.

„Ich backe daheim Brot. Aber hier mal mitmachen und vieles gezeigt bekommen, das ist ja doch etwas anderes!“, verdeutlicht Thomas Weier. Ohnehin sei ihm bewusste Ernährung wichtig. Zu Hause werde noch selbstgekocht, nichts Fertiges gekauft. „Das ist auch gar nicht so ein großer Zeitaufwand, sein Essen selbstzumachen, wie manche immer behaupten“, unterstreicht der Teilnehmer, „das kann man organisieren – obwohl wir auch berufstätig sind.“

„Mir hat der Nachmittag gefallen – auf jeden Fall!“, betont Dominik Pötz am Ende des Kräuterwind-Seminars. „Man kann doch einiges mitnehmen, das man zu Hause nutzen kann.“ „Ich hätte gar nicht gedacht, dass man das alles in der zur Verfügung stehenden Zeit machen kann“, ergänzt Thomas Weier – und blickt auf die vielen Bleche mit den selbstgemachten, frischen Broten und Dutzenden runden Hefekuchen sowie Laugenzöpfen, -knoten und selbstgeschlungenen Laugenbrezeln, von denen natürlich jeder Teilnehmer jeweils mehrere einpacken kann.
(Wer sich für ein Seminar mit Brotsommelier Dominique Huth interessiert, kann unter info@
baeckerei-huth.de jederzeit unverbindlich eine Anfrage stellen.)