Ein Bäcker im Großspeicher: Strom von MANN Naturenergie

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Markus Mann und Domninique Huhth auf Besichtigungstour.

Als Markus Mann vor über 30 Jahren sein erstes Windrad in seinem Heimatdorf aufstellte, da lachten etliche „Experten“. Maximal zehn Jahre, so hieß es damals, „dann liegt das Ding um!“ „Das Ding“ war seinerzeit in ganz Rheinland-Pfalz die erste kommerzielle Windkraftanlage. Doch die „AN-Bonus 150/30“ bringt noch immer ihre Nennleistung von 150 Kilowatt Ökostrom. Solchen setzt die Bäckerei Huth schon seit langem ein. Ab Anfang 2022 jedoch kommt die regenerative Energie aus dem benachbarten Westerwaldkreis – von eben jenem Grünstrompionier Markus Mann. Den hat Dominique Huth besucht – und gestaunt, was der Tüftler derzeit an neuen Vorhaben zur Energiewende vorantreibt: zum Beispiel einen Großspeicher.

„Sehr schön, dass Sie mal vorbeikommen!“ Es scheint wirklich keine gespielte Freude zu sein, die Markus Mann ausdrückt, als er den Gast aus der Limburger Backstube auf dem Firmengelände in Langenbach bei Kirburg begrüßt. Hier gibt es für den echten Bäcker eine Menge zu sehen: Eine SEO-Sägeanlage etwa, mit der eigentlich als nicht sägefähig geltendes Holz geschnitten werden kann. Reste aus diesem Sägewerk – vor allem Holzspäne – gehen in die benachbarten Pelletpressen der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP). „Ach, so werden Holzpellets gemacht“, staunt Dominique Huth als er sieht, wie die lediglich mit etwas organischer Stärke vermischten Sägespäne durch Matrizen unter hohem Druck zu den Presslingen für die Heizungsanlage werden.

CO2-Bilanz
Apropos: Holzpellets sind – im Prinzip – ein überaus umweltfreundlicher Brennstoff. Das Ausgangsmaterial ist nachwachsend und stammt in Deutschland aus nachhaltiger Bewirtschaftung; verwendet werden ohnehin Nebenprodukte wie die Späne, die in Sägewerken entstehen, wenn Rundholz verarbeitet wird. Die CO2-Bilanz von Holzpellets ist um ein Vielfaches besser als bei Kohle, Öl oder Gas: im Fall der WWP liegt sie bei nur elf Kilogramm CO2 pro Tonne. Doch wenn in einem Pelletwerk beispielsweise Atomstrom oder welcher aus Kohleverstromung eingesetzt wird, sieht die Sache schon weniger „grün“ aus…
Bei den WWP werde darum vom ersten Pellet an allein Grünstrom genutzt, um die Presslinge herzustellen, wie Markus Mann dem Besucher von der Lahn erläutert. Der kommt aus einem firmeneigenen Biomasse-Kraftwerk.
Seit die Anlage am 14. Februar 1995 in Betrieb ging, hat sie, nur aus Biomasse, die verfeuert wird, schon rund 115.000.000 Kilowattstunden (kWh) „grünen“ Strom erzeugt. Aber zugleich auch etwa 800.000 Megawattstunden (MWh) Wärme. Diese wird beispielsweise genutzt, um den Holzspänen vor dem Pressen Feuchtigkeit zu entziehen, was ihren Heizwert beim Kunden dramatisch erhöht. Mit Daniel Rahn, Projektingenieur bei MANN, kann sich Dominique Huth auch den mächtigen Spänetrockner ansehen, wo genau dieser Schritt erfolgt.

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Ein beeindruckender Großspeicher, den Dominique Huth sich auch im Innern ansehen darf.

Zum Vergleich: Hätte man allein diese bei MANN genutzte Wärmeleistung mit Heizöl erreichen wollen, hätten dafür etwa 80 Millionen Liter verbrannt werden müssen – was einen aberwitzigen CO2-Ausstoß von circa 255.000 Tonnen verursacht hätte! Anders bei den WWP: „Im Biomasse-Heizkraftwerk werden unbehandeltes Massivholz und Landschaftspflegeschnitt verfeuert“, schildert Rahn. „Damit produziert eine Kesselanlage sechs Tonnen Dampf in der Stunde. Dieser 330 Grad heiße Dampf wird in einen Dampfmotor geleitet, wo er über Kolben in vier Zylindern einen Generator antreibt, der letztlich den sauberen Strom erzeugt.“
Doch das ist noch nicht alles, wozu das gasförmige Wasser genutzt wird, wie Dominique Huth beim Besuch des Energieversorgers erfährt: Kommt es aus dem Motor heraus, ist es noch immer um die 115 Grad heiß – und zu schade, nach Abkühlung nur in die Leitungen zurückzufließen. „MANN Naturenergie“ leitet diesen sogenannten „Abdampf“ darum über einen Wärmetauscher. Er heizt ein angeschlossenes Fernwärmenetz zur Gebäudebeheizung auf 80 Grad und stellt darüber hinaus eben besagte Wärme für die Späne-Trocknung in der Pelletproduktion bereit – alles aus etwas Grünschnitt und Speisewasser!
Markus Mann berichtet dem echten Bäcker unter anderem von der neuen Abteilung „E-Mob“, die sich mit allen Fragen der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge befasst. Und dann steht die Dreiergruppe vor einem der jüngsten Projekte, mit dem MANN die Energiewende voranzutreiben versucht: Ein beeindruckender Großspeicher, den Dominique Huth sich auch im Innern ansehen darf.

Markus Mann erklärt: In in jüngerer Vergangenheit immer zahlreicher für unseren Straßenverkehr zugelassenen Hybrid-Pkw verrichteten die Batterien lange klaglos ihren Dienst bei der Energieversorgung des Elektromotors – bis der ständige Wechsel aus „Gasgeben“ (also Strom verbrauchen) und wieder Aufladen sie so sehr verschlissen habe, dass ihr Weiterbetrieb in den Autos nicht mehr sinnvoll sei. Energie speichern können die Akkus danach dennoch. Als „rekonditionierte“ oder „second-life“-Batterien seien sie, so Mann, etwa geeignet, bis zu zehn weitere Jahre Maschinen anzutreiben, da diese nicht so viele Lade- und Entladezyklen verursachen, wie das beim Autofahren der Fall ist.

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Mit Daniel Rahn (links) ist Dominique Huth auf dem Rundholzplatz. Hier kommt das Ausgangsmaterial an.

112 solcher eigentlich für Hybrid-Fahrzeuge von „Mercedes“ konstruierte Batterien befinden sich, in 16 Regalen à sieben Stück gelagert, in einem neuen Container bei MANN, den Daniel Rahn für den Gast aus der Backstube aufschließt: Fingerdicke, orange Kabelstränge verbinden die Batterien, so dass aus den zusammengeschalteten Akkus ein großer Speicher entstanden ist, der bis zu 1,4 Mega-Wattstunden Kapazität bietet!
Zu MANN gehört ein firmeneigener Windpark. Wenn der mehr Strom erzeugt, als aktuell gebraucht wird, kann dieser im Batterie-Großspeicher „geparkt“ werden, bis die Leistung benötigt wird. Dasselbe gilt für Strom, der mittels Solaranlagen auf Hallendächern bei der Firmengruppe produziert wird oder im Biomasse-Heizkraftwerk neben der darin erzeugten Wärme anfällt.

Verbraucht wird Strom im Pelletwerk, beim Betrieb der Hallen für Produktion und Lagerung, in der Verwaltung oder im firmeneigenen Sägewerk. Als Bindeglied dazwischen wird der große Batteriespeicher eine „Primärenergie-Regelleistung“ (PRL) zur Verfügung stellen. Sie dient dazu, die im öffentlichen Netz herrschende 50-Hertz-Frequenz der Stromversorgung aufrechtzuerhalten und vor allem Schwankungen zwischen Stromerzeugung auf der einen und Stromverbrauch auf der anderen Seite auszugleichen. Innerhalb von Sekunden kann die Anlage somit Laständerungen im Firmennetz abfedern. Dominique Huth ist sichtlich beeindruckt.
„Anstelle durch Aromen aus dem Labor bekommen unsere Produkte ihren Geschmack dadurch, dass wir sie in den ‚Aromazellen‘‚ reifen lassen“, sagt Huth während des weiteren Rundgangs zu Mann und Rahn, die natürlich auch Brote aus Limburg geschenkt bekommen. „Währenddessen müssen sie jedoch gekühlt werden, da die Hefe über 20 Grad plus massiv zu arbeiten anfängt. Darum sind wir im Bereich von sechs bis 16, 18 Grad unterwegs.“ Das sei auch ein Unterschied eines „slow bakers“ zum konventionellen Bäcker. Letzterer arbeite mit einer „Gärunterbrechung“, gehe auf minus 18 Grad herunter „und gart die Backwaren dann schnell. Wir lassen die natürliche Enzymatik der Teige langsam im Plusbereich laufen, so entwickeln sich ein besseres Aroma und ebenso eine bessere Frischhaltung der fertigen Brote und Brötchen“, betont der geprüfte Brotsommelier.

Stromverbrauch
Doch diese Langzeitführung, während derer „das Leben im Teig aktiviert“ werde (Huth: „Dabei wird die Stärke durch Mikroorganismen abgebaut und dabei entsteht der Geschmack. Das sieht man später auch an der Kruste: Je besser die Stärke abgebaut wurde, desto schöner ist nach dem Backen die Kruste“) kostet eben eine Menge Strom. Und so sei alles, was in der Produktion mit Kälte zusammenhänge, verantwortlich für den größten Anteil des Stromverbrauchs in Backstube und Konditorei.

An MANN gefalle ihm zum einen die gelebte Regionalität, führt Dominique Huth aus, „und dass wir unseren Grünstrom somit regional beziehen können.“ Zudem handele es sich bei der von dem Westerwälder Ökostrompionier gelieferten Elektrizität um echten Grünstrom, der nicht nur kaufmännisch-bilanziell „öko“ sei, sondern tatsächlich physikalisch-gekoppelter Grünstrom. „Und darum haben wir das Unternehmen aus Langenbach gebeten, uns ab Januar 2022 zu versorgen und so einen Anteil dazu beizutragen, dass unsere Kunden Backwaren erhalten, die nicht nur frisch und wohlschmeckend sind, sondern auch für Aspekte der Nachhaltigkeit stehen“, beschreibt Huth zufrieden.