Natürlich locker – Unser Focaccia

Unser Focaccia

Im Lateinischen ist der „focus“ der Ofen oder die Feuerstelle eines Hauses; die Einrichtung mithin, mit deren Hilfe gekocht – und gebacken wird. Mit diesem Wortursprung kann man eine Focaccia also übersetzen, wie es der „Duden“ tut, nämlich als „in der Asche gebackenes (Brot)“.

Asche
In der Backstube der Bäckerei Huth in Limburg liegen die Focaccias selbstverständlich nicht in Asche, sondern auf Blechen und werden in einem „Stikkenofen“ gebacken, während sie in einem Wagen permanent um die eigene Achse gedreht werden. Doch ist das gar nicht das Entscheidende an der würzigen Spezialität, die es stets ab Anfang Mai bis in den Spätsommer – also klassisch zur Grillsaison – von freitags bis sonntags in allen Huth-Bäckereifachgeschäften gibt. Vielmehr sind der außergewöhnliche Teig sowie die Gewürze und reichlich Olivenöl die Besonderheiten der Focaccia.

Die lange Teigführung sorgt dafür, dass die Hefe ihn so sehr lockern und  Geschmack produzieren kann, dass er dicke Blasen wirft

Schon beim Kneten des Weizenteigs werden raffinierte, handwerkliche Kniffe genutzt, um die Focaccia perfekt werden zu lassen: Der Teig als solcher ist dem des bei Huth-Kunden überaus beliebten Baguettes „Pierre“ sehr ähnlich. Allerdings wird er mit einem höheren Flüssigkeitsanteil angesetzt. Und ein Teil dieses Wassers, das man für das Gemisch braucht, gießt Teigmacherin Julia Heimann ganz gegen Ende der Knetzeit hinzu: Diese so genannte „Bassinage“ bezeichnet eine Teilmenge des gesamten Wassers, das das Rezept vorsieht, die jedoch ganz zum Schluss in den Teig geschüttet wird. „Damit bekomme ich später eine tolle ‚physikalische Lockerung‘“, erklärt Backstubenleiter Martin Wingenbach. „In die Focaccia bauen wir auf diese Weise den Effekt ein, dass dieses Wasser sowie die Luft im Teig sich im heißen Ofen natürlich ausdehnen und dadurch Löcher in die Krume reißen. So bekomme ich ein wahnsinnig lockeres Brot – auf natürlichstem Weg, ohne irgendwelche ‚Mittelchen‘!“

Julia  Heimann schlägt den sehr weichen Teig  zusammen, was die  spätere  Porung im Brot positiv  beeinflusse.

Zusammenschlagen
Doch vor dem Backen wird zunächst ein Vorteig benötigt, der wie beim „Pierre“ 24 Stunden zum Reifen bekommt, ehe er zum Hauptteig gegeben wird. Ist der fertig, schlagen ihn die Bäcker zusammen. Was sich wie ein grobes Körperverletzungsdelikt anhört, ist eine weitere Handwerkstechnik: Mit offenbar nicht ganz einfach erlernbaren Handbewegungen und großer Fingerfertigkeit wird der Teig im Prinzip mehrmals vorsichtig „übereinandergefaltet“. Während Bäckerin Julia Heimann das demonstriert, sagt sie über den Sinn dieses Arbeitsschrittes: „Das Zusammenschlagen kommt ebenfalls der Porung zugute, die in der fertigen Focaccia hinterher ganz toll ist.“

Nach dem Zusammenschlagen ruht der Teig. Daraufhin muss er abgewogen werden, was laut Martin Wingenbach möglichst exakt passieren sollte, um die Brote nicht aus mehreren Teigteilen „zu stückeln“. Und dann wird es „italienisch“: Als erstes werden die Focaccias dick mit Olivenöl beträufelt, was Geschmack, Aussehen und Oberflächenbeschaffenheit beeinflusst. Danach ist die „typische“ italienische Kräutermischung dran, es werden reichlich Oregano, Rosmarin, Thymian und Basilikum, in getrockneter Form, auf die Brote gestreut; grobes Salz kommt hinzu.

Bäckermeister Martin Wingenbach träufelt reichlich fruchtiges Olivenöl  auf die rohen Focaccias

Begleiter
Von diesem Moment an liegt der ganz individuelle Duft der Focaccia, der den späteren Geschmack bereits erahnen lässt, in der Luft. Wenn sich damit nun noch ein Hauch Grillgeruch mischen würde… Wobei: Die Focaccia schmeckt ebenso ohne ein Steak einer ausgefallenen Rinderrasse, ist gleichermaßen ein perfekter Begleiter für einen Salat – oder auch solo ein Genuss, der seinen Ursprung vermutlich in Ligurien hatte.
Text: Carola Nimischk