„Mama, wir sind stolz“

„Mama, wir sind stolz“ - Die dreifache Mutter Habiba Zahel wurde nach nur sechs Monaten Teamleiterin in FlörsheimDie dreifache Mutter Habiba Zahel wurde nach nur sechs Monaten Teamleiterin in Flörsheim

Eigentlich sei sie „viermal Mutter“, scherzt Habiba Zahel. „Ich habe drei Kinder – und einen Mann.“ Die Teamleiterin des Bäckereifachgeschäftes Flörsheim lacht ohnehin viel, strahlt Energie und den unbändigen Willen aus, für die Kunden des echten Bäckers in der Stadt im Main-Taunus-Kreis stets 150 Prozent zu geben. „Das habe ich damals, als ich mich beworben habe, auch Herrn Huth gesagt: ‚Es ist Ihr Laden, aber ich will hier arbeiten wie in meinem eigenen.‘“

„Bei uns ist es ehrlich“

Nicht bei irgendeiner Bäckerei beschäftigt zu sein, sei ihr sehr wichtig: „Nur noch bei Huth! Bei uns ist es ehrlich. Wenn ich einem Kunden sage, das sind 100 Prozent Dinkelvollkorn im Teig, dann stimmt es! Es wird in der Branche ansonsten so viel gelogen…“, ärgert sich Habiba Zahel. Sie muss es wissen. Denn ehe die seit sechs Jahren in Flörsheim Lebende zum echten Bäcker kam, hatte sie in Kriftel in einer anderen Bäckerei gearbeitet. Fertige Vormischungen seien dort üblich gewesen, die Qualität der Produkte wie das Engagement im Team „nicht so doll“. Seinerzeit wollte Habiba Zahel zurück ins Arbeitsleben. Bis zum Jahr 2000 nämlich war die in Afghanistan geborene Perserin mit einem 1.000 Quadratmeter großen Textil- und Teppichhandel selbstständig, hatte vier Angestellte. „Als ich schwanger wurde, konnte ich das Geschäft nicht mehr fortführen.“ In den Folgejahren widmet sie sich bewusst ganz der Familie, bekommt drei Kinder, die heute sieben, elf und 17 Jahre alt sind.

Von Teppichen zu Teilchen

Doch dann verspürt sie eines Tages den Wunsch, auch wieder außerhalb des eigenen Heims zu arbeiten. Darum startet sie zunächst in besagter Teilzeitbeschäftigung in Kriftel. Oh ja, nickt die Huth-Mitarbeiterin, es sei schon „ein großer Unterschied“ gewesen, von Teppich auf Teilchen umzuschalten im Kopf, statt zu persischen Brücken zu knackigen Brötchen zu beraten. Wobei: so knackig seien jene Backwaren in besagter Teilzeitbeschäftigung gar nicht gewesen, blickt Habiba Zahel zurück. „Als ich dann zum echten Bäcker kam, da habe ich unsere Mission gelernt, erkannt, was man nur mit Mehl, Wasser, Salz und Hefe für tolle Produkte machen kann!“ Sie selber möge das Lu-Chia-Brötchen besonders gerne, Kirschplunder und Nussecken seien ihre süßen Favoriten. „Und sehr, sehr gerne unser ‚Junggesellenbrot!‘ Es ist ein Roggen-Mischbrot“, verfällt die Teamleiterin direkt wieder in die Beraterinnenrolle, „und etwas, das meine Kinder auch sehr lieben.“

„Mama, wir sind stolz“ - Die dreifache Mutter Habiba Zahel wurde nach nur sechs Monaten Teamleiterin in Flörsheim„Es macht mich glücklich, dass die Leute zu uns kommen“

Zwei Jahre liegt Habiba Zahels Start in der Bäckerei Huth nun zurück. Nach nur sechs Monaten wurde sie zur Teamleiterin befördert – nicht allein des Bäckereifachgeschäftes in Flörsheim, sondern ebenso der beiden Dependancen in Hochheim und Okriftel. Seither macht sie die Einsatzpläne für die drei Standorte, ist daneben Vertrauensperson für das Rhein-Main-Gebiet, an die sich alle Kollegen „mit alltäglichen Sorgen“ wenden oder spezielle Urlaubswünsche absprechen können und vieles mehr. „Seit ich hier arbeite, habe ich die Unterschiede zwischen dem echten Bäcker und sogenannten ‚Handwerksbäckern‘ wirklich erkannt! Es sind vier Bäckereien hier um uns herum in direkter Umgebung. Aber wenn ich dorthin gehe und mir die Produkte ansehe… Ich hingegen kann stolz sagen: Wir sind ein echter Bäcker! Weil unsere Produkte wirklich ehrliche Handwerksprodukte sind. Es macht mich glücklich, dass die Leute zu uns kommen!“

Die Kunden legen Wert auf Beratung

Ihre Kunden, ergänzt Habiba Zahel, legten auf die Hintergründe zu Brot und Brötchen, zu den stets frischen Snack-Variationen und den süßen Leckereien aus der Konditorei großen Wert. „Die Kunden möchten, dass wir zu allem fundiert etwas sagen können! Und unsere Produkte kennen, sie nicht einfach ‚stumm‘ und ‚anonym‘ im Regal liegen wie im Supermarkt, wo man mit niemandem ein Beratungsgespräch zu einem Brot führen kann!“ Damit sie nicht nur theoretisches Wissen weitergibt, will Habiba Zahel demnächst unbedingt mal „eine Nachtschicht in der Backstube machen“, wie sie euphorisch beschreibt. „Dann kann ich den Kunden noch mehr aus der Praxis berichten.“ Daneben sei ihr nächstes großes Projekt, für den kommenden Sommer einen neuen Außenbereich des Cafés der Bäckerei Huth in Flörsheim einzurichten. „Wir sind dran“, nickt sie. Das alles schildert die Flörsheimerin mit einer wirklich positiven Grundstimmung, wobei klar ist, dass die Aufgabe im Bäckereifachgeschäft neben der Familie schon anstrengend ist. „Ja, manche Kunden fragen: ‚Wie schaffen Sie das?‘ Doch wenn ich mit denen nur fünf Sekunden über unsere Brötchen rede, dann geht es mir wunderbar!“

„Mama, wir sind stolz“ - Die dreifache Mutter Habiba Zahel wurde nach nur sechs Monaten Teamleiterin in FlörsheimVon Kabul über Eschborn nach Flörsheim

Nur in ganz seltenen Situationen sei sie ein wenig ärgerlich, wenn Menschen sie nicht sachlich interessiert, sondern diffamierend auf ihre Herkunft ansprechen. „Denn natürlich rede ich mit einem kleinen Akzent“, erläutert Habiba Zahel, die 1994 aus Kabul nach Deutschland kam, die längste Zeit ihres Lebens hier zugebracht hat. „Ich werde schon öfters gefragt: ‚Woher stammen Sie?‘ Dann antworte ich: ‚Ich komme aus Eschborn und wohne jetzt in Flörsheim.‘“ Und sofort sind Habiba Zahels Optimismus und das Strahlen im Gesicht zurück. Das weicht nur für einen kurzen Moment, wenn sie über die Heimat ihrer Eltern (die inzwischen ebenso in Deutschland leben wie Zahels neun Geschwister) spricht. Vor drei Jahren sei sie einmal in Afghanistan gewesen, wollte dort Urlaub machen und den noch im Land lebenden Schwiegereltern die Kinder vorstellen. „Aber da habe ich bemerkt, man kann in Afghanistan aufgrund der Sicherheitslage keinen Urlaub machen!“

„Das Herz soll sauber sein“

In Deutschland hingegen fühle sie sich ausgesprochen wohl, erklärt Habiba Zahel, die von sich sagt, strenge Muslima zu sein, ihre Religion zu lieben. Ein Kopftuch an der Theke komme für sie dennoch niemals in Frage. „Das Herz soll sauber sein, wie es im Koran heißt. Darum geht es mir.“ So führt die Verkäuferin ein Leben, das für sie immer so weitergehen solle, wie sie hofft. Vor allen Dingen auf unbegrenzte Zeit in der Bäckerei Huth zu arbeiten, das sei ihr Wunsch. „Ich bin sehr dankbar, dass Herr Huth mit das Vertrauen geschenkt hat, mir den Job gab. Ich will mich bemühen, es immer mehr zu rechtfertigen. Das hier ist mein Traumjob geworden! Ich kann mir nicht mehr vorstellen, woanders zu arbeiten.“

„Mama, wir sind stolz“ - Die dreifache Mutter Habiba Zahel wurde nach nur sechs Monaten Teamleiterin in FlörsheimFamilie als Stütze

Selbstverständlich kennt Habiba Zahel, wie alle arbeitenden Mütter, das Spannungsfeld zwischen Beruf und Familie. „Sag mal, hast du irgendwann mal frei?“, das habe sie das eine oder andere Mal durchaus gehört, vor allen Dingen von ihrem Mann, gesteht die Flörsheimer Teamleiterin mit einem Augenzwinkern. Daneben freue sie sich, dass die Kinder sie in der Familie, bei Hausarbeiten und Ähnlichem genauso unterstützten wie ihr Mann: „Meine älteste Tochter ist schon eine wichtige Stütze.“ Das sei zuweilen erforderlich. Denn es könne in Ausnahmesituationen vorkommen, dass sie den ganzen Tag in ihrem Bäckereifachgeschäft zubringt: „Wenn es einer Kollegin nicht gut geht, dann schicke ich sie nach Hause und bleibe selbst.“ Auch das gehe eben nur, wenn die Familie mitziehe. „Ich bin meinen Kindern dankbar“, betont die dreifache Mutter mit bewegter Stimme, „dass sie alles mitmachen. Und sie sagen mir immer: ‚Mama, wir sind stolz, dass du dich in so kurzer Zeit hochgearbeitet hast!‘” Die Kunden schätzten es zudem sehr, dass Habiba Zahel und ihre insgesamt 15 Kollegen in den drei Bäckereifachgeschäften, um die sie sich als Teamleiterin kümmert, stets für jeden Wunsch ansprechbar sind, zu den Produkten eine wirklich fundierte Beratung böten, die es anderswo nicht unbedingt gibt, in keinem Fall aber am Brotregal im Discountmarkt.

Arbeit, die wertgeschätzt wird

Ganz offensichtlich finden die Kunden in Flörsheim eine hohe Bedien- und Beratungsqualität sogar extrem wichtig: Mehrfach komme es vor, dass Kunden des echten Bäckers mal eine Schokolade oder Blumen als Anerkennung für die Produktgüte und die Bedienqualität vorbeibringen. „Das macht sehr glücklich, wenn die eigene Arbeit wertgeschätzt wird!“