Hasen hoppeln, Flocken quellen

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Jane Toomey streicht Fondant auf den mit viel geraspelten Karotten gebackenen Kuchen.

Zur Osterzeit gibt es Karotten im Kuchen und ein süßliches Quark-Hefe-Brot!
Für Christen ist Ostern das wichtigste Fest im Jahreslauf, noch vor der Weihnacht: nicht wegen des Hasen oder der Eier, sondern weil Christen daran glauben, dass Jesus zu Ostern von den Toten auferstanden ist. Ostern hat also ganz viel mit neuem Leben zu tun. Es wird außerdem immer im Frühling gefeiert, mithin in der Jahreszeit, in der in der Natur ebenfalls das neue Leben entsteht. Und da der Hase in etlichen Ländern auf der Welt als eine Art Frühlingsbote angesehen wird, er besonders dann wieder verstärkt draußen über die Felder hoppelnd beobachtet werden kann und früh Jungtiere zur Welt bringt, wurde der Hase im Laufe der letzten zwei bis drei Jahrhunderte zum „Ostertier“.

Langohr
Am Schlag in Limburg „hoppeln“ in diesen Tagen ebenfalls eine Menge Hasen aufs Backblech – die „Lars Langohr“ heißen: niedliche Figuren, die die Bäcker in der Backstube aus einem besonderen Quark-Hefe-Teig formen. Ein Zartbitter- „Schokobauch“ und aufwändig von Hand aus flüssiger Kuvertüre gezogene Augen, Nasen und Münder machen sie im doppelten Wortsinn „süß“.
Das Frühjahr als Phase, in der neues Leben entsteht, alles wieder wächst und gedeiht, greifen die Bäcker in der Huth-Backstube auch mit einem weiteren, neuen Produkt auf, bei dem die erste Jahreszeit schon im Namen steckt: mit dem Frühlingsbrot.

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Osterbrot und Lars Langohr dürfen an Ostern nicht fehlen.

Dafür setzt Teigmacherin Julia Heimann immer eine Nacht vor der jeweiligen Produktion ein „Brühstück“ an: Hafer- und Roggenflocken werden mit kochendem Wasser übergossen und bleiben dann bis zur Folgenacht stehen. In dieser Zeit quellen die Flocken auf, erreichen leicht ihre dreifache Größe – und speichern das Wasser. Das so „gebundene Wasser“ sorgt später im fertigen Brot, zu dessen Teig das Brühstück neben Roggenvollkornmehl, Sauerteig, Wasser, Leinsaat und Invertzucker gegeben wird, für eine besonders gute Frischhaltung.
Anders als die Zeitspanne für das Aufquellen der Flocken ist die Knetzeit beim Frühlingsbrot recht kurz: „Roggenteig wird eigentlich nur kurz gemischt, nicht lang geknetet. Der Kleber aus dem Getreide wird bei Roggen nämlich eh nicht ausgebildet. Nachher hält die natürlich im Roggen vorkommende Stärke das Brot zusammen“, schildert Bäckermeister Ole Pense einen wesentlichen Unterschied von Roggen- gegenüber Weizenmehlen und -teigen.

Gärschrank
Den Roggenvollkornteig wiegt er ab, wirkt die Teigstücke rund und formt sie länglich. So beschaffen, legt Pense die rohen Brote in Kastenbackformen. Anschließend ist doch wieder Wartezeit nötig: „Die kommen nun vor dem Backen erst noch in den Gärschrank“, erklärt der Backstubenleiter. 30 bis 45 Minuten müssten die Brote darin bleiben, „um sich bei 38 bis 40 Grad Celsius und einer relativen Luftfeuchte von 95 bis annähernd 100 Prozent optimal zu entwickeln“, führt Ole Pense aus.
Die Wartezeit lässt sich wunderbar nutzen, um bei den Kolleginnen in der Konditorei vorbeizuschauen. Dort hat Leiterin Doreen Schülke einen Kuchen-Teig aus Mehl, Zucker, Butter, Ei, Zimt, Salz, Vanille, Haselnußgrieß und Backpulver gebacken. „Und Karotten – frisch geraspelt – sind ebenfalls drin“, erläutert die Konditormeisterin, „denn das soll unser ‚Carrot Cake‘ werden.“ Erst hat sie Zucker und Butter mit den Gewürzen aufgeschlagen, dann das Ei hinzugegeben. Danach folgen bei der Herstellung alle trockenen Zutaten, wie die Fachfrau es nennt. „Und zum Schluss geben wir, in zwei Etappen, die Karotten in den Teig für den ‚Carrot Cake‘.“
Der duftet nach dem Backen schon sehr „karottig“, aber es fehlt noch an Optik und einem süßen Abschluss: Praktikantin Jane Toomey (siehe Seite 4) ist als Nächste dran, löffelt mit einer großen Schöpfkelle üppig die Zuckermasse Fondant darauf und streicht sie sorgsam glatt. Im Anschluss schneidet sie den ganzen Kuchen in Stücke. Am Ende setzt sie eine kleine Zucker-Karotte auf jedes obenauf – fertig ist der „Carrot Cake“.

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…und zum Abschluss noch die kleine Zucker-Karotte, fertig ist der „Carrot Cake“.

Eine weitere von vielen christlichen wie volkstümlichen Traditionen rund um das Osterfest ist es, ein besonderes Osterbrot zu backen. Es gibt bis heute Gemeinden, in denen Jüngere es den alten Menschen im Ort vorbeibringen; ganz rituell passiert das noch immer am Karsamstag.
Hingegen an jedem Tag der Woche zu haben ist das Osterbrot des echten Bäckers Huth. „Es besteht aus einem mittelschweren Hefeteig“, sagt Ole Pense. „Und eine Besonderheit des Osterbrotes ist es, dass im Teig nicht mit Wasser gearbeitet, sondern vollmundige Milch genutzt wird!“

Fastenzeit
Ostern beendet bekanntlich die Fastenzeit, und da ist eine bewusst etwas süßlichere Spezialität beliebt, denn nach der entbehrungsreichen Zeit von Aschermittwoch bis zum christliche Hochfest freut man sich wieder auf kalorien- und auch zuckerreiche Speisen.
Zucker ist im Teig des Osterbrotes selbstverständlich enthalten, daneben Weizenmehl, Milch, Hefe, Salz, Butter, Eier, Quark, Rapsöl, natürliches Vanille-Aroma, Zitronat, Orangeat, Rosinen – das Osterbrot ist also ein wirklich gehaltvolles Brot. Nach dem Abwiegen wird es, wie das Frühlingsbrot, erst rund, dann lang gewirkt. Seinen feinen Quark-Hefe-Geschmack jedoch bekommt jeder Laib erst im Anschluss: „Die Osterbrote werden ‚langzeitgeführt‘“, hebt Ole Pense hervor. Ganze 24 Stunden, also bis in die nachfolgende Produktionsnacht in der Backstube, werden die Osterbrote vor dem Backen in die Aromazellen der Bäckerei Huth gebracht. Bei kontrollierter Luftfeuchtigkeit sowie Temperatur immer im Plus-Grade-Bereich hat die Hefe im Teig viel Gelegenheit, ihre Arbeit zu verrichten. Während dieser Langzeitführung läuft sehr behutsam ein natürlicher Reifeprozess ab und sorgt für den vollen Geschmack im Osterbrot.
Das wird nach der 24-stündigen Reifezeit vor dem Backen zunächst noch mit Eistreiche eingesprüht und je fünfmal längs eingeschnitten. Dann wird es in den Ofen eingeschossen. Nach dem Backen verströmt es einen zarten Butter-Ei-Quark-Hefe-Duft. Eine dicke Scheibe davon, höchstens ein wenig Butter darauf gestrichen – wunderbare Osterzeit!
Henk van Heerden