Je länger, desto gelber

In Mensfelden wachsen 300 Sorten Kürbis – von dort kommen die Kerne fürs „KKK“

In gewisser Weise steht Steffen Heckelmann in der Tradition jener Bolivianer, die vor über 10.000 Jahren in der Moxos-Ebene lebten. Die Einheimischen des Andenstaates bauten schon damals Kürbisse an, Heckelmann tut das heute auf 15 Hektar mit großer Begeisterung ebenso. Die aus seinen Ölkürbissen gewonnenen Kerne liefert er an die Bäckerei Huth – als wichtige, regionale Zutat für deren „KKK“, das Kartoffel-Karotten-Kürbis-Brot. Das Kürbiskernbrot als solches wurde vom Deutschen Brotinstitut derweil zum „Brot des Jahres2023“ gekürt.

„Hier kommen die Karotten“, sagt Julia Heimann, Teigmacherin in der Backstube Am Schlag in Limburg. Wunderbar, dieser Kontrast: Vor der weißgrauen-Arbeitskleidung der Bäckerin leuchtet das geraspelte Gemüse außerordentlich, während sie es in den großen Kessel des Teigkneters schüttet. Aber wo sind die Kürbiskerne?

Quellstück

„Das ist unser Quellstück für das 3-K-Brot“, erklärt die Bäckerin und bringt eine interessante Mischung heran, die ebenfalls in den Kessel kommt: Sonnenblumenkerne, Leinsaat, Sojaschrot und – aha: Kürbiskerne wurden dafür mit warmen Wasser übergossen und mehrere Stunden lang verquellen gelassen (so ist auch der Name dieser Mischung einleuchtend). Von diesem Teigteil werden beim Verquellen große Mengen Wasser aufgenommen, die das Quellstück später langsam wieder im gebackenen Brot abgibt und so für eine herausragende Frischhaltung sorgt.

Gleichwohl sind das längst nicht alle Kürbiskerne vom am Alten Zollhaus in Mensfelden gelegenen Hof Heckelmann, die für das „KKK“ verwendet werden. Doch die restlichen folgen später. Erst einmal wird der Weizenmischteig (aus 70 Prozent Weizen-, 30 Prozent Roggenmehl) mit Salz, hauseigenem Sauerteig, Wasser, Hefe, Kartoffelflocken, den leuchtenden Karotten-Raspel und eben dem Quellstück verknetet.

Bäckermeister Daniel Reutershan wälzt die rohen Laibe behutsam in den Mensfeldener Kürbiskernen.
Fotos: Schmalenbach

Anschließend hilft ein Teigteiler den Bäckern, stets ein das Mindestgewicht auf jeden Fall einhaltendes Stück abzuteilen. Dies wird in eine längliche Form gebracht, danach wälzt Bäckermeister Daniel Reutershan es in einer großen Kiste voll mit den dunkelgrünen Kürbiskernen aus Mensfelden. Apropos groß: Schon am „XXL-Format“, wie neudeutsch gerne formuliert wird, erkennt man einen deutlichen Unterschied zu sonst oftmals in Bäckereien verarbeiteten Kürbiskernen, die häufig aus China stammen. Eher gräulich gefärbt und vor allem erheblich kleiner, als die Kerne aus den Ölkürbissen, die Steffen Heckelmann vor den Toren Limburgs anbaut, sind sie.

Im Kneter werden die Mehle und das Quellstück mit einem Teil der Kürbiskerne vermengt.

 

In diesem Jahr musste der Landwirt zwei Monate lang mit dem Wasserwagen auf die Felderfahren, die Kürbispflanzenwegen der großen Trockenheit bewässern. Unvorstellbare 300 Sorten baut Heckelmann auf 15 Hektar Fläche an, das Gros davon sind Speise- und Zierkürbisse. Einige der im Mai gesäten Sorten sind aufgrund der Dürre allerdings ausgefallen. Dennoch und trotz des großen Aufwands seien Kürbisse seine Leidenschaft, betont der Landwirt, auf dessen Ackerland ebenso Getreide, Spargel, Erdbeeren oder die (seit Jahren am Alten Zollhaus beliebten) Blumen zum Selberpflücken wachsen.

Ertrag

Die Ölkürbisse wachsen (noch bis voraussichtlich Anfang Oktober) dort auf etwa einem Drittel der Kürbis-Felder des Mensfeldener Kürbisfans. „Aber ertragsmäßig machen sie bei weitem nicht diesen Anteil aus“, erläutert Steffen Heckelmann. „Es reicht in diesem Jahr wahrscheinlich gerade für die Bäckerei Huth, was wir am Ende an Kernen haben werden.“ Ein kleiner Kürbis, schildert der Fachmann, habe im Verhältnis mehr Kerne als ein großer. Je länger die Kürbisse auf dem Feld liegen, desto gelber werden sie nach seinen Worten.

Teigmacherin Julia Heimann schüttet die Karotten- Raspel in den Kessel, für die ein „K“ der besonderen Brotspezialität steht.

Wie so oft, kommt es auf die „inneren Werte“ an: „Sie enthalten zum Beispiel wertvolle ungesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe und relevante Mengen an Magnesium und Zink“, führt der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e. V. in seiner Mitteilung zur Ernennung des Kürbiskernbrotes zum „Brot des Jahres 2023“ über eben jene Kerne aus. Mindestens acht Prozent Kürbiskerne bezogen auf den Getreideanteil, auch das beschreibt der Verband, müssen im Kürbiskernbrot enthalten sein, damit es so genannt werden darf.

Wobei die vielen Fans, die das „KKK-Brot“ hat, vermutlich eher auf andere Dinge des besonderen Kürbiskernbrotes blicken, das aus der Bäckerei Huth kommt und eben nicht nur ein Kürbiskernbrot ist: Mit den Kartoffelflocken und Karotten im Teig ist es herrlich soft im Biss. „Es ist auch absolut toll für und beliebt bei Kindern“, ergänzt Backstubenleiter Martin Wingenbach. „Und es passt zu einem süßen Brotaufstrich ebenso wie zu einem herzhaften Belag!“

Henk van Heerden

Bei so viel Leidenschaft für die orangegelben Früchte ist klar, dass der Hofladen der Heckelmanns „kürbislastig“ dekoriert wird…